Die zotteligen schottischen Hochlandrinder Henriette und Gretl
Einfach kuhl!

Radeln mit Kind im Anhänger und Blick auf die Berge. Dazwischen Spritztour auf dem SUP-Board und Erfrischung im Chiemsee. Wer dann noch auf einem Familienbauernhof des Blauen Gockel nächtigt, erlebt tierisch schöne Familienferien

Lesezeit: 10 Minuten

Chiemsee-Radtour mit Stallzugang

Violette Wolkenfetzen marmorieren den Abendhimmel über der Alz. Im Flusswasser spiegelt sich die Silhouette der Weiden. Beinahe minütlich ändert sich das Farbenspiel von Tiefrot bis Graublau. Die letzten Sonnenstrahlen beleuchten die Gipfel der Chiemgauer Alpen am südlichen Horizont.

Andächtig beobachten wir das Naturschauspiel zwischen Wald, Wasser, Himmel und Bergen. Wir lauschen dem leisen Plätschern, Zwitschern und Zirpen, halten Ausschau nach Vögeln im Schilf. Matthias Untermayer, Landwirt und Gastgeber vom Ferienbauernhof „Moierhof“ am Chiemsee, zieht Weingläser aus dem Picknickkorb und schenkt prickelnden „ChiemSecco“ ein.

Nebenbei plaudert er von seinen Reisen im südlichen Afrika. Ein bisschen fühlen wir uns wie auf einer Safari mit Sundowner am Sambesi. Statt Krokodilen entdecken wir jedoch nur einen Schwan.

Matthias transportiert seine Gäste nicht mit dem Geländewagen, sondern mit einem 60 Jahre alten Traktor an den Fluss. Unterwegs zeigt er seine Lieblingsplätze: die Holzplattform am Waldrand mit Blick über Felder und Berge, der blau-weiße Strandkorb am Ufer der Alz, die Mini-Insel mit Steg im Fluss. Matthias hat einen Sinn für lauschige Plätzchen.

Naturschauspiel zwischen Wald, Wasser und Himmel
Lieblingsplatz: Der blau-weiße Strandkorb am Ufer der Alz

Trotz der vielfältigen Aufgaben auf dem „Moierhof“ mit 70 Milchkühen plus Kälbern, Landwirtschaft auf 70 Hektar Fläche und Gästebetrieb mit Fünf-Sterne-Ferienwohnungen nehmen sich seine Frau Susi, Tochter Rebecca und er Zeit, um den Gästen ihre Heimat nahezubringen.

„Ich liebe es, bei Sonnenuntergang mit dem SUP-Board auf der Alz zu paddeln und irgendwo flussabwärts unterm Sternenhimmel wieder auszusteigen“, schwärmt Matthias. Die Alz, die bei Seebruck im Norden des Chiemsees entspringt, grenzt unmittelbar an die Ländereien der Familie und ist im Sommer ein beliebtes Revier für SUP- und Schlauchboot-Touren.

Ein Tier- und Kinderparadies

Querfeldein tuckert der Traktor zurück zum Hof, wo unser einjähriger Sohn vor dem Schlafengehen noch zum Kälberstreicheln ins Stroh darf. „Bei uns steht der Stall immer offen. Die Kinder können beim Füttern helfen oder beim Melken zusehen. Abends gibt‘s Stockbrot vom Lagerfeuer“, sagt Matthias.

Ja, auf dem „Moierhof“ genießen die Kids grenzenlose Freiheit: Vor dem stattlichen Hauptgebäude liegen Sandkasten, Karussell, Rutsche, Trampolin und eine Spielhütte auf einer großen Wiese. Rund um den Hof nichts als Wälder und Felder, das Bergpanorama reicht vom Mangfallgebirge bis zum Wilden Kaiser.

Die Kleinsten quieken vor Freude, wenn die Schweine grunzen

In der uralten Eiche vor dem Hof baumeln zwei Astschaukeln. Der Fuhrpark vom Rutschauto bis zum Gokart lässt Kinderherzen Kapriolen schlagen. Auch das Tierhaus mit Kaninchen, Ponys, Eseln, Schafen und Ziegen zum Anfassen übt magische Anziehungskraft auf unseren Kleinsten aus, der vor Freude quiekt, wenn die Schweine Hannibal und Rosalie grunzen.

Die Teenies striegeln die Pferde oder nehmen Unterricht auf dem Reitplatz. Und dann sind da noch die zotteligen schottischen Hochlandrinder Henriette und Gretl, die sich gierig trockene Brezen ins Maul schieben lassen. Eigentlich sind schon auf dem Hof genug Attraktionen geboten, mit dem Rad lässt sich noch mehr entdecken.

Auf dem Chiemsee-Radweg nach Gstadt

Nach dem Frühstück mit Blaubeermarmelade, Milch und Eiern vom Hof packen wir den Zwerg in den Anhänger und schwingen uns aufs Rad. Der erste Stopp liegt direkt hinter der Weide von Henriette und Gretl: das keltische Gehöft Stöffling.

Seebruck gilt als einer der besterforschten Römerorte in Bayern

Vier Gebäude in Block- und Ständerbauweise zeigen, wie eine keltische Siedlung etwa 300 vor Christus ausgesehen haben könnte. Hier beginnt der Archäologische Rundweg „BEDAIVM“, der auf 29 Kilometern mit verschiedenen Stationen durch 4.000 Jahre Menschheitsgeschichte führt. Doch uns zieht es an den See: Entlang der Alz rollen wir bergab nach Seebruck. Historisch Interessierte besuchen das Römermuseum.

Wir radeln bei der sommerlichen Hitze lieber ins Strandbad mit großer Liegewiese und Abenteuerspielplatz. Das Wasser ist so flach, dass es schon im Mai Badewannentemperaturen hat – ideal für Kinder.

Nach der Planschpause steht eine Entscheidung an. Auf dem Chiemsee-Radweg, der auf 60 Kilometern das „Bayerische Meer“ umrundet, geht es entweder in Richtung Prien nach Südwesten oder in Richtung Chieming nach Südosten. Wir biegen nach Westen in Richtung Gstadt ab.

Ausblick von Gstadt an der Uferpromenade über die Fraueninsel bis zu den Bergen

Vorbei an Badeplätzen mit Blick über die silbrig-glitzernden Chiemsee-Wogen bis zu den weiß gepuderten Alpengipfeln fahren wir nach Gollenshausen. Beim „Seehäusl“ am kleinen Strandbad mit Bootssteg stehen die hungrigen Radler für eine Semmel mit geräucherter Chiemsee-Renke Schlange.

Wir schaffen es bis Gstadt und genießen den Ausblick vom Naturpark Hofanger an der Uferpromenade über die Fraueninsel bis zu den Bergen, laut Matthias „der beste Blick am ganzen Chiemsee“. Nahe des Dampferstegs gibt‘s einen Spielplatz mit Wasserspielen.

Wer mehr Glamour sucht, nimmt ein Schiff nach Herrenchiemsee zum Märchenschloss von König Ludwig oder erkundet die Fraueninsel mit ihren Gärten und dem 1.200 Jahre alten Kloster Frauenwörth. Wer die bayerische Safari erweitern möchte, legt sich im Vogelbeobachtungsturm „Ganszipfel“ kurz hinter Gstadt auf die Lauer nach Kormoranen, Großmöwen und Graugänsen, bevor die Rückfahrt ansteht.

Wunderschön: Radeln durch ein Meer gelber Blüten am Chiemsee
Ein Muss: Die Planschpause im Chiemsee

Von Nord nach Süd: Zur Mündung der Tiroler Achen

Die Vögel zwitschern, die Grillen zirpen und die Blätter im Auwald rauschen im frischen Morgenwind. Trampelpfade führen durchs Gebüsch zum kiesigen Seeufer. Der Radweg von Seebruck nach Chieming hat einen anderen Charakter. Immer wieder verläuft er oberhalb des Uferwegs, der nur für Fußgänger zugänglich ist.

Vor Chieming strampeln wir durch ein Meer von Raps- und Löwenzahnblüten zum Bauernhof Schützing mit Hofladen und Bootsliegeplatz. Ein kleines Stück weiter thront die Filialkirche St. Johann von Stöttham abgeschieden am Waldrand. Kurz vor Chieming legen wir eine Verschnaufpause an der Aussichtsplattform ein, bevor wir den Dampfersteg erreichen. Der „Thomafischer“ am Steg verkauft frischen Fisch – auf Wunsch in der Semmel – und vermietet Tretboote für eine kleine Spritztour.

Hinter Chieming ist der Uferweg für Radfahrer gesperrt. Ein kurzes Stück entlang der Bundesstraße, dann biegen wir ins Naturschutzgebiet Tiroler Achen am Südufer des Chiemsees ab. Das Mündungsgebiet mit seinen Kies- und Sandbänken, Auwäldern und Streuwiesen gilt als das besterhaltene Binnendelta Mitteleuropas. Auf dem Rückweg lohnt sich ein Badestopp im wunderbar schattigen Chieminger Strandbad.

Perfekt für die Rast: Ein schattiges Plätzchen direkt am See

Durchs Hinterland: Seeon und Eggstätt-Hemhofer Seenplatte

An sonnigen Sommer-Wochenenden kann es auf dem Chiemsee-Radweg ganz schön eng werden. In der Hochsaison lohnt sich daher ein Ausflug ins Hinterland. Vom „Moierhof“ radeln wir nach Norden bis Truchtlaching, wo wir beim Anblick des schilfbestandenen Strandbads am Alz-Ufer am liebsten gleich ins Wasser springen würden.

Auf kleinen Straßen führt die Tour weiter durch Bilderbuchlandschaft: sanfte Voralpenhügel, schmucke Bauernhöfe, unverstellter Alpenblick. In Seeon bietet sich mit dem Klostersee die zweite Badegelegenheit. Auf einer Halbinsel im See thront das zwiebelbetürmte ehemalige Benediktinerkloster (10. Jahrhundert), in dem einst Mozart Inspiration für Kompositionen fand.

Mit Rad und Anhänger im Chiemgau auf der 16-Seen-Runde
Pause mit Ausblick auf die Gipfel zwischen Wendelstein und Kampenwand

Bergauf und bergab folgen wir der „16-Seen-Runde“ auf einer kleinen Nebenstraße bis zu einer Aussichtsbank vor dem Weiler Eschenau: Hier liegen sie alle vor uns, die Gipfel zwischen Wendelstein und Kampenwand, darunter das Schleinmoos mit seinen Streuwiesen. Nun geht’s flott ins Gebiet der Eggstätt-Hemhofer Seenplatte nordwestlich des Chiemsees.

Am Hartsee mit Badesteg, Beachvolleyball- und Spielplatz ist es Zeit für eine Mittagsrast. Im Wald entdecken wir weitere ruhige Badestellen am Einbess- und Kesselsee. Bei Gstadt ist schließlich wieder der Chiemsee-Rundweg erreicht. Eine freche Ente verfolgt unseren jüngsten Radler, der versucht, seinen Keks zu retten. Gefährlich sind die Tiere auf der bayerischen Radsafari zwar nicht, aber ganz schön gefräßig.

Mit Rad und Anhänger im Chiemgau auf der 16-Seen-Runde

Auf einen Blick

Familienurlaub auf dem Bauernhof
Die „Blauer Gockel“-Kinderbauernhöfe bieten hohen Komfort und ein gutes Serviceangebot, so wie der „Moierhof“.
blauergockel.de

Tipps für Radurlauber
Die Region Chiemsee-Chiemgau punktet mit einem gut ausgeschilderten Radwegenetz von insgesamt 1.400 Kilometer Länge. 20 Erlebnistouren wie etwa der „Archäologische Rundweg“ (29 km) oder der „Klosterweg“ (45 km). Rund 1.500 Kilometer lang ist das Radwegenetz der Region Chiemsee-Alpenland. Die Website informiert auch zu Ladestationen für E-Bikes und zur Anmietung von Trekkingbikes, MTB und E-Bikes sowie zum Radtransport in viele Bussen und Bahnen.
chiemsee-chiemgau.info | chiemsee-alpenland.de

Bootstouren auf dem Chiemsee
Ganzjährig pendeln von Prien und Gstadt Schiffe zur Frauen- und Herreninsel. Im Sommer legen die Dampfer auch von Seebruck, Chieming, Übersee und Bernau ab. Von Mai bis Oktober naturkundliche „Deltabootsfahrten“ ins Mündungsgebiet der Tiroler Achen.
chiemsee-schifffahrt.de

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